WIR LIEBEN COOKIES
Man schreibt das Jahr 1980. Es ist Winter. Im Gebäude Nr. 3 der Gerhard-Hauptmann-Straße sind im Treppenhaus viele Schritte zu hören: von Großen und Kleinen. Erwartungsfroh versammeln sich die Kinder mit ihren Eltern im Flur der 1. Etage. Endlich dürfen alle durch die geöffnete Tür in den geschmückten Raum eintreten. Es duftet nach Tannengrün. Im großen Kreis sitzen die Zusammengekommenen um die "Adventsspirale" (ein Spiralgang aus Moos und Tannenzweigen). Leiermusik erklingt. Dann wird eine Geschichte den Lauschenden erzählt. Anschließend erhält jedes Kind eine Apfelkerze, geht den Weg nach innen, zündet seine Kerze an der großen in der Mitte an und stellt sie hinausgehend an eine Stelle im Moos. Zuletzt leuchtet alles im hellen Schein der vielen Lichter.
Zu den christlichen Festzeiten wurden und werden entsprechende Feiern in der Christengemeinschaft seit ihrer Gründung für Kinder im Vorschul- und Schulalter gefeiert. Das war zu DDR-Zeiten besonders wichtig, da so etwas sonst nicht gelebt werden konnte.
Es fanden gestaltete Ferienwochen statt mit Wasserfarben Malen, Plastizieren, Eurythmie, Singen und Musizieren, Einüben von Aufführungen und Märchenspielen. Außerdem gab es lange Zeit eine Kasperpuppenbühne und die Weihnachtsspiele aus Oberufer wurden jährlich dargeboten. Daneben gab es die Theaterarbeit mit Jugendlichen. Im (erweiterten) Religionsunterricht bemühten sich die Verantwortlichen so intensiv es ging, altersgerechten Unterricht einer durch Anthroposophie befruchteten Pädagogik neben dem üblichen Staatsschulalltag zu pflegen. Arbeits- und Gesprächskreise mit Eltern wurden auch zu pädagogischen Fragen gepflegt und fanden reges Interesse. Manchmal kam ein Waldorflehrer und half Schönes und Hilfreiches anzuregen. Entsprechende Literatur wurde dezent verteilt.
Von allen anthroposophischen Arbeitsgebieten war in der DDR einzig die Christengemeinschaft erlaubt. Erstaunlich viel geschah im Schutz des religiösen Milieus. Bei Grenzfällen fragten wir natürlich nicht bei den Behörden nach, sondern handelten, wie wir es richtig fanden... . Wie in vielen anderen großen Städten blühte also durch die Jahrzehnte hindurch auch in Rostock in dieser Art ein reges kulturelles Leben und fand seine eigenen Formen. Die Kinder dürsteten oft förmlich nach solchen Aktivitäten und mancher Gast aus dem Westen staunte darüber und erlebte das Besondere im Kontrast zu der zuweilen übersättigten Schar der Schüler "zu Hause".
Aus dem Leben dieser Kreise heraus bildete sich der Boden, auf dem auch die Rostocker Waldorf-Initiative entstand. Ein Beispiel: Vor der Wendezeit traf sich wöchentlich eine Gruppe jüngerer Menschen, die Aspekte bewegten, wie sie Steiner in seinen Schriften zur "Dreigliederung des sozialen Organismus" darstellt. Wir sehnten uns danach, bestimmte Impulse und Anregungen in Rostock verwirklichen zu können. Alle, die daran teilnahmen, fanden sich etwas später im Kreis derer wieder, die maßgeblich Kindergarten und Schule gründeten.
Bernd Warczak